Elmshorner Nachrichten, 15. Januar 2015

Überlebenskampf auf allen Ebenen

Tennis: Vereine bemängeln sinkende Mitgliederzahlen / Im Kreis Pinneberg werden Mannschaften vom Spielbetrieb abgemeldet
Elmshorn. Wir schreiben das Jahr 1986. Im Londoner Stadtteil Wimbledon sichert sich ein gewisser Boris Becker seinen zweiten Titel beim traditionsreichen Grand-Slam-Turnier und auch der Lawn-Tennis-Club-Elmshorn steht vor einem historischen Ereignis. Nach einer starken Saison belohnen sich die ersten Männer mit der Teilnahme an der Bundesliga-Aufstiegsrunde in Krefeld.

Der erhoffte Gang in die höchste Liga blieb aus und dennoch erinnert sich Stefan Jess, damaliger Akteur und derzeitiger Cheftrainer der ersten Männer, mit großer Freude an die damaligen Ereignisse. „Wir hatten bei jedem Heimspiel eine volle Anlage und der Tennissport war am boomen. Die 80er- und 90er-Jahre waren die absolute Blütezeit“, gerät Jess ins Schwärmen.

29 Jahre später wagt der LTC Elmshorn von einem möglichen Bundesliga-Aufstieg nicht einmal mehr zu träumen. Die ersten Männer mussten im Sommer den Landesliga-Abstieg hinnehmen und im Winter lautet das Ziel Klassenerhalt in der Verbandsliga. Trübe Aussichten, die selbst beim Blick über die Grenzen Elmshorns hinweg nicht besser werden. In den obersten beiden Tennis-Ligen Norddeutschlands, der Regionalliga und der Nordliga, sucht man vergeblich nach Mannschaften aus dem Kreis Pinneberg. Der TuS Holstein Quickborn hat gerade erst seinen Rückzug aus der Regionalliga bekanntgegeben und kämpft mit der zweiten Mannschaft ebenso wie der LTC um den Verbandsliga-Verbleib. Die SV Halstenbek-Rellingen startet nach einem Regionalliga-Rückzug im Winter 2012/13 derzeit in der Oberliga Hamburg.

Der Abteilungsleiter der Spielvereinigung, Günter Busch glaubt, dass damit die höchstmögliche Spielklasse erreicht ist. „Die Oberliga ist das Ziel, sowohl im Winter, als auch im Sommer. Mehr ist nicht realisierbar“, so Busch, der darauf hinweist, dass die Tennisabteilung eben auch nur eine Sparte im Gesamtverein sei. Bei ausbleibenden Sponsoren sei ein Spielbetrieb in höheren Klassen nicht darstellbar. Das war auch der Grund für die Abmeldung der ersten Männer aus Quickborn. Kay Schmidt trainierte die Mannschaft nicht nur, sondern steckte jedes Jahr viel Geld in die Zusammenstellung des Teams und schickte immer wieder eine Truppe auf das Feld, die in der Regionalliga mit um die Meisterschaft spielte. Doch auch bei der erfolgreichsten Mannschaft der vergangenen Jahre blieben die Zuschüsse aus. Dabei fehlt nicht nur das Geld. Die Verantwortlichen bemängeln vielerseits auch das fehlende Interesse im eigenen Verein. „Bei uns wissen 90 Prozent der Mitglieder gar nicht, in welcher Liga die ersten Männer spielen“, sagt Busch. Versäumnisse gab es zudem in der Nachwuchsarbeit, teilweise fehlen ganze Generationen. „Früher, damit meine ich vor 40 Jahren, waren Eltern Mitglied im Verein und brachten ihre Kinder mit. Das war noch ein Vereinsleben. Heute spielen die Eltern kein Tennis und kommen nur vorbei um die Kinder zum Training zu bringen. Das Interesse am Verein ist gering“, so Busch. Unwahrscheinlich, dass da eine erfolgreiche erste Mannschaft, die überregional von sich Reden macht, helfen würde.

Der 50-jährige Jess, der trotz zwischenzeitlichem Vereinswechsel bereits mehr als 40 Jahre Mitglied des LTCE ist, macht sowohl interne als auch externe Probleme für den kritischen Zustand der Vereine verantwortlich. „Zum einen sind die Strukturen in den meisten Klubs nicht mehr zeitgemäß. Meiner Meinung nach muss eine Art sportlicher Leiter, der sowohl das sportliche Geschehen als auch die organisatorischen Abläufe überblickt, eingebunden werden und den Vorständen zuarbeiten. Es muss täglich jemand auf der Anlage vorzufinden sein und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Zum anderen ist Tennis medial nicht mehr so stark vertreten wie noch vor zehn oder 15 Jahren“, analysiert Jess, der dennoch Potenzial sieht. Mit knapp 1,5 Millionen Mitgliedern sei Tennis hinter Fußball und Turnen immer noch die drittstärkste Sportart in Deutschland.

Nichtsdestotrotz muss bei den Klubs ein Umdenken stattfinden: „Wir müssen uns speziell um die unterschiedlichen Zielgruppen wie Leistungssportler, Breitensportler, Senioren und Nachwuchssportler kümmern. Die Nachfrage ist schließlich da“, so Jess, der die Entwicklung bei seinem Ex-Klub TV Uetersen exemplarisch aufführt. Während seiner fünf Jahre andauernden Tätigkeit in Uetersen (2003-2008) stieg die Anzahl der Nachwuchsspieler von 39 auf 130 Akteure an.

Einen ähnlichen Trend erhofft sich Jess, der in Elmshorn eine persönliche Trainingslounge leitet, auch beim LTCE. „Wir müssen über die Breite den Weg in die Spitze finden. Nur ein gesunder Unterbau ermöglicht die Chance auf eine erfolgreiche Zukunft im Leistungsbereich.“ Aktuell peilt der ehemalige Aufschlagspezialist mit den ersten Männer den Klassenerhalt in der Verbandsliga an. „In den nächsten zwei bis drei Jahren geht es darum, sich in der Verbandsliga zu etablieren“, so der Coach.

Aller Voraussicht nach wird es also noch einige Zeit dauern, bis in den obersten Ligen wieder Teams aus dem Kreis vertreten sind. Ziehen die Vereine allerdings die richtigen Schlüsse aus der Misere, darf optimistischer gen Zukunft geblickt werden.

Kornelius Krüger, Oliver Tzschaschel

 


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